1.     Einleitung und Problemstellung

Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische

Vorgefertigte, industriell hergestellte Betonteile werden seit ca. 120 Jahren produziert. Die ersten Betonsteine als Pflastersteine wurden gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts hergestellt [1]. Die Anwendungsfälle und Bauteilarten sind dabei bemerkenswert vielfältig im Vergleich zu anderen Werkstoffen wie z.B. Ton, Keramik oder Stahl. Eine Übersicht der aktuell hergestellten Betonteile einschließlich ihrer technischen Regeln ist in [2] enthalten.
Produziert werden die Bauteile dabei als in der Form erhärtet oder als sofort entschalt. Produktionsverfahren mit sofortiger Entschalung werden immer dann eingesetzt, wenn eine große Stückzahl exakt identischer Betonteile innerhalb kürzester Zeit hergestellt werden soll. Damit diese Produktion mit nur einer Schalung, im Bereich der sofortigen Entschalung Formensatz genannt, durchgeführt werden kann, wird der Formensatz unmittelbar nach dem Befüllen von den frisch hergestellten Produkten entfernt und sofort erneut verwendet. Die frischen Betonteile werden dann auf Brettern oder Stahlunterteilen vom Befüllplatz zum anschließenden Lagerplatz, in der Regel eine Klimakammer, gebracht. Wenn sogenannte Bodenfertiger eingesetzt werden, bleiben die Produkte stehen und der gesamte Fertigungsmechanismus samt Schalung fährt auf einem ebenen Boden weiter. Diese Variante ist der Vorläufer der heutigen, modernen stationären Fertiger und wird zunehmend seltener eingesetzt, z.B. noch bei der Herstellung von Palisaden, Schachtringen und haufwerksporigen Pflanzringen.
Beispiele für sofort entschalte Fertigungen sind:

  • Betonpflastersteine nach DIN EN 1338 [3]
  • Gehwegplatten aus Beton nach DIN EN 1339 [4]
  • Bordsteine aus Beton nach DIN EN 1340 [5]
  • Blockstufen, Palisaden, nach DIN EN 13198 [6]
  • Mauersteine aus Beton und Leichtbeton nach DIN EN 771-1 [7]
  • Dachsteine aus Beton nach DIN EN 490-1 [8]

Bei diesen Bauteilen handelt es sich um kleinformatige Betonteile (Länge max. 100 cm, Breite max. 50 cm) für den Garten- und Landschaftsbau sowie für den Wohnungsbau. Hierbei werden Pigmente eingesetzt, um farbig unterschiedliche Produkte anzubieten.
Beispiele für großformatige sofort entschalte Betonteile sind:

  • Rohre aus Beton- und Stahlbeton [9]
  • Schächte aus Beton [10]
  • Spannbetonhohlplatten [11]
  • Spaltenböden für die Tierhaltung [12]

Rohre werden mit Durchmessern bis zu 3,00 m und einer Länge von 4,00 m produziert, Spannbetonhohlplatten mit einer Breite von 1,20 m und Längen bis zu 12,00 m. Diese Fertigung erfolgt auf Stahlbahnen mit Gleitfertigern bzw. Extruder-Gleitfertigern an einem Strang bis zu 120 Metern Länge. Die einzelnen Platten werden nach einem Tag auf die erforderliche Länge gesägt. Diese Produktion ist vergleichbar mit der Herstellung von Straßendecken aus Beton, die ebenfalls im Gleitverfahren erfolgt. Großformatige Produkte werden i.d.R. nicht mit Pigmenten eingefärbt, da keine ästhetischen Anforderungen an die Produkte gestellt werden. Jedoch ist die Anwendung im Bereich des Tiefbaus bei Rohrdurchmessern > DN 1200 (=1200 mm Durchmesser) seit einigen Jahren rückläufig, da die Abnehmer schalungsglatte Oberflächen, wie sie bei dem Herstellverfahren „in der Form erhärtet“ entstehen, bevorzugen. Demgegenüber sind die Oberflächen der großformatigen, sofort entschalten Produkte deutlich rauher und weniger geschlossen. Mit Ausnahme der Bodenfertigung und der Fertigung von Spannbetonhohlplatten werden alle sofort entschalten Produkte unmittelbar nach der Herstellung bewegt, um die Betonierstation frei zu machen für den nächsten Produktionszyklus. Die Produktion von Dachsteinen aus Beton weicht hiervon ab, da die einzelnen Dachsteine auf stählernen Unterlagen, sog. Pellets, den Herstellungsprozess bis zum Ende der Erhärtung durchlaufen.
Die Betonage von sämtlichen Betonteilen in Herstellverfahren mit sofortiger Entschalung erfolgt mit erdfeuchten Betonen, im Falle von Dachsteinen mit erdfeuchten Mörteln. Detailliertere Beschreibungen der einzelnen Fertigungsverfahren sind in [13] enthalten.

Nachschlagen
Ermittlung der Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische als Grundlage für die Optimierung der Produktion von sofort entschalten Betonwaren

Dissertation von
Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

vorgelegt Solingen Juli 2018

Veröffentlicht als Heft 25 in der Schriftenreihe des
Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Herausgeber
Der Geschäftsführende Direktor
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal

Fachgebiet
Werkstoffe im Bauwesen
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Steffen Anders
Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Wolfram Klingsch
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Organisation und Verwaltung
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal
Pauluskirchstraße 11
42285 Wuppertal
Telefon: (0202) 439-4039

© Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

ISBN 978-3-940795-24-3

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