Die Herstellprozesse der sofortigen Entschalung und der sofortigen Gleitfertigung erfordern die Verwendung von erdfeuchten Betonen.
Der Begriff erdfeucht beschreibt dabei das Aussehen dieser Betone, das einem Bodengemisch mit kleinen Steinen ähnlich ist. Diese Betone können z.B. ähnlich einem bindigen Ton mit der Hand zu tennisballgroßen Kugeln geformt werden, ohne dabei zu zerfallen. Im Englischen Raum werden diese Betone als dry cast concrete oder auch als zero-slump-concrete bezeichnet, da der slump-Test zu keiner messbaren Verformung führt. Die Wasserzementwerte liegen im Bereich von ca. 0,30 bis 0,39. Erdfeuchte Betone sind sehr trocken und nicht mit Betonen der Konsistenzbereiche F2-F5 vergleichbar. Die Prüfung des Ausbreitmaßes führt bei erdfeuchten Betonen ebenfalls zu keinen messbaren Unterscheidungen, weil das Ausbreitmaß erst ab w/z-Werten von 0,40 ein geeignetes Prüfverfahren darstellt [42] Während bei fließfähigen Betonen die Grenzwerte des w/z-Wertes der Expositionsklassen z.B. bei Transportbeton generell ausgenutzt werden auf Grund der wirtschaftlichen Zwänge, und entsprechende Kapillarporenräume durch Überschusswasser entstehen, sind erdfeuchte Betone so trocken, dass häufig zu wenig Wasser für eine vollständige Hydratation des Zementes zur Verfügung steht [14].
Durch den Einsatz hochwirksamer Fließmittel auf der Basis von Polycarboxylatethylen (PCE) können auch Betone mit w/z-Werten von 0,20-0,40 in selbstverdichtender Konsistenz hergestellt werden. Diese werden in der Konsistenzklasse F6 mit dem Ausbreitmaß geprüft, wenn die Werte zwischen 630 mm und 700 mmm liegen. Oberhalb von 700 mm erfolgt die Prüfung der Konsistenz mit dem Setzfließmaß [42]. Der w/z-Wertbereich, der bei erdfeuchten Betonen und selbstverdichtenden Betonen identisch ist, eignet sich nicht, um eine erdfeuchte Konsistenz zu beschreiben. Vorhandene Prüfverfahren, wie z. B das Verdichtungsmaß, mit denen ein Konsistenzunterschied von sehr steifen Betonen gemessen werden kann um z.B. das Verarbeitungsverhalten abzuschätzen, weisen bei trockenen, erdfeuchten Betonen zu geringe Unterschiede auf [49].
Die Verarbeitung von erdfeuchten Betonen erfolgt in der Regel an modernen Fertigungsmaschinen mit einem hohen Automatisierungsgrad. Die Ausstattung solcher Maschinen ermöglicht eine Regelung der Taktzeiten sowie Dauer, Frequenz und Amplitude der Verdichtung [15].
Die problemlose Herstellung der Betonprodukte setzt eine ausreichende Standfestigkeit der frisch verdichteten Erzeugnisse voraus. Kleinformatige Teile neigen dabei weniger zum Kollabieren, d.h. Einsturz, sondern zum Deformieren. So vergrößert sich die Länge frischer, entformter Steine nach dem Entschalen abhängig von der Steinhöhe und dem w/z‑Wert um 0,5 bis 1,0 mm bei 80 bis 100 mm Steinhöhe (< 1 %), und ca. 0,7 bis 2 mm bei 100 bis 140 mm Steinhöhe (<1,5 %). Laut Unterlechner [16] ist die Verformung eine Folge von Innendruck und Eigengewicht, dadurch stellt sich ein bauchiges Aussehen ein, die Seitenflächen sind also nicht mehr eben.
Die Zusammenstellung und Dimensionierung der Betonrezeptur erfolgt in der Regel anhand von Erfahrungswerten und Großversuchen auf den Fertigungsanlagen. Die Auswirkungen von neuen Rezepturen werden überwiegend anhand der laufenden Produktion überprüft, was mit einem hohen Aufwand verbunden ist, da fehlerhafte Produktionen entstehen können. Laufende Kontrollen der Konsistenz finden nicht statt, weil die Betone so steif sind, dass Unterschiede durch Prüfverfahren wie z.B. dem Slump-Test und dem Verdichtungsmaß nicht mehr festgestellt werden können.
Für alle Produktionsverfahren bei sofortiger Entschalung werden an den frischen, erdfeuchten Beton verschiedene Anforderungen gestellt:
- Der Beton muss förderbar und verteilbar sein; er darf nicht im Mischer oder in Kübelbahnen anhaften. Beim Befüllen der Formen muss er sich in kurzer Zeit (z. T. in 2 Sekunden) gleichmäßig verteilen lassen.
- Bei Einsetzen der Vibration sollte er sich so geschmeidig verhalten, dass möglichst viele Luftporen in kurzer Zeit mit wenig eingesetzter Energie ausgetrieben werden können und die Einzelkomponenten der Betonmatrix mit dem Einsetzen einer Auflast eine dichte Lage zueinander einnehmen.
- Beim sofortigen Entschalen darf der Beton nicht an den Wandungen der Form oder an den Stempeln der Auflast haften.
- Nach dem Entschalen muss der Betonkörper seine Form und Maße beibehalten, d.h. hohe Formstabilität und geringe Deformationen um die Toleranzen für die Maßabweichungen aus den jeweiligen Produktnormen einzuhalten.
- Eine hohe Gründruckfestigkeit aufweisen, um eine Standfestigkeit und Verfahrbarkeit der Produkte zu ermöglichen.
- Einen möglichst hohen w/z-Wert um hohe Hydratationsgrade zu erreichen und damit hohe Festigkeiten, hohen Frost- und Taumittelwiderstand und ggf. hohen Abriebwiderstand zu erreichen.
- Möglichst unempfindlich reagieren auf geringfügige und unvermeidbare Schwankungen der Ausgangsstoffe und des Wassergehaltes, d.h. robust soweit wie möglich
- Wirtschaftliche, d.h. kostengünstige Zusammensetzungen mit geringen Zementgehalten.
Neben der in Fertigteilwerken erforderlichen werkseigenen Produktionskontrolle gem. der jeweiligen Produktnormen werden während der Produktion Sichtkontrollen an den frischen Produkten vorgenommen. Teilweise erfolgen Kontrollen der Maße, insbesondere der Bauhöhe. Bei kleinformatigen Betonwaren wie Pflastersteinen und Gehwegplatten werden frische Produkte stichprobenartig gewogen, um über den Vergleich der Sollgewichte und Rohdichten Anhaltswerte für die zu erwartende Festigkeit zu erhalten. Es handelt sich um indirekte oder qualitative Verfahren, zu denen auch Höhenkontrollen der frischen Produkte zählen, sowie die Sichtprüfungen, bei denen der Glanz der Seitenflächen, deren Bauchigkeit sowie das Kleben von Rückständen an den Auflaststempeln eine Rolle spielen.
Für Qualitätskontrollen an dem frischen Beton, die ein Einhalten der oben beschriebenen Anforderungen im Rahmen von Eignungsprüfungen oder während der laufenden Produktion nachweisen, wird zur Zeit keines der wenigen, zur Verfügung stehenden Verfahren regelmäßig angewendet.
Das sog. „Erweiterte Steag-Verfahren“ kombiniert die Bestimmung der Poren mit dem Proctorversuch und einer anschließenden Ermittlung der Gründruckfestigkeit [17][18]. Das Verfahren ist recht aufwändig und erfordert eine umfangreiche Laborausstattung, weshalb es in der laufenden Praxis nur eine geringe Bedeutung erreicht hat. In seiner Variation ohne die Bestimmung der Gründruckfestigkeit ist es ebenfalls für die Bestimmung des optimalen Wassergehaltes bei Selbstverdichtenden Betonen geeignet [19].
Ein optimaler Produktionsablauf ist dadurch gekennzeichnet, dass die Taktzeit zum Befüllen und Entleeren der Formen möglichst kurz ist, und die frischen Produkte nach dem Entschalvorgang formstabil und vollkantig sind mit geschlossenen Oberflächen.
Abbildung 1: Herstellung von sofort entschalten Rohren B-KF-GM 300 x 2500
a) Beginn des Zyklus: Innenkerne abgesenkt, Formenmantel fährt hinunter
b) Befüll- und Verdichtungsvorgang beendet, Formenmantel fährt herauf
c) fertige, frische Rohre werden von der Betonierstation verfahren
Die Taktzeit für einen kompletten Produktionsgang gem. Abbildung 1 lag bei ca. vier Minuten. Bei Betonpflastersteinen liegt die sogenannte Taktzeit für das Befüllen des Formensatzes, Verdichten, Entschalen und Verfahren minimal bei ca. 10-13 Sekunden. In dieser Zeit wird ein Fertigungsbrett mit ca. einem Quadratmeter Steine in 8 cm Höhe auf einer Steinfertigungsmaschine hergestellt.
Allein in Nordrhein-Westfalen stehen ca. 50 Maschinen, bundesweit ca. 300, die täglich mindestens im Einschichtbetrieb betrieben werden. Bei einem durchschnittlichen Arbeitstakt von 20 Sekunden werden täglich bei 8 Betriebsstunden ca. 432.000 m2 (entspricht ca. 34.560 m3 Beton) produziert.