6.     Zusammenfassung

Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische

Ein großes Spektrum unterschiedlicher Betonwaren und Betonteile wird in Produktionsverfahren mit sofortiger Entschalung hergestellt. Die Grundlage hierfür sind erdfeuchte Betone, die unmittelbar nach dem Verdichten in der Lage sind, den Prozess der Entschalung ohne Schäden wie z.B. Ausbrüche und Risse zu überstehen und anschließend formstabil zu erhärten. Weil in dieser sehr frühen Phase noch keine Festigkeit durch die Hydratation des Zementes entwickelt werden kann, muss alleine durch Haftkräfte zwischen den Feststoffen wie z.B. Zement, Flugasche, Sand und Kies eine ausreichende Standfestigkeit der frischen Betonteile erreicht werden.Im Vergleich zu hochfesten oder selbstverdichtenden Betonen, deren Grundlagen erst in den vergangenen ca. 30 Jahren entwickelt wurden, liegen über erdfeuchte Betone, die bereits seit ca. 100 Jahren eingesetzt werden, nur wenige Forschungsarbeiten vor. Diese Arbeiten beschränkten sich auf die Betrachtung der Kapillarkräfte und Reibungskräfte als Grundlagen für die Technologie erdfeuchter Betone. Auch liegen bislang keine geeigneten Prüfverfahren vor, mit denen die Konsistenz erdfeuchter Betone in einem für die Produktion aussagekräftigem Unterscheidungsbereich gemessen und verglichen werden können.

In der vorliegenden Arbeit erfolgte eine umfangreiche Analyse der Haftkräfte zwischen feuchten Feststoffpartikeln, deren Größe weniger als 100 µm beträgt, und deren bei denen die Gewichtskraft der einzelnen Partikel gegenüber den interpartikulären Haftkräften vernachlässigt werden kann [30]. Diese Größenklasse macht in erdfeuchten Leimen, und auch in erdfeuchten Betonen, den zahlenmäßig größten Anteil aus und ist daher maßgebend für die Übertragung von Haftkräften auf gröbere Fraktionen. Es zeigte sich, dass die Haftkraft zwischen Partikeln Anteile enthält, die aus Kräften aus adsorbierte Wasserfilmen, Flüssigkeitsbrücken, Van der Waals Kräften, plastischen Van der Waals Kräften sowie Reibung und Verzahnung besteht. Dabei werden die einzelnen Komponenten stark beeinflusst von den Rauhigkeiten auf den Partikeloberflächen, der Partikelform und dem Wassergehalt. Dabei zählen die unmittelbar nach der Wasserzugabe auftretenden Hydratationsprodukte ebenfalls zu den Rauhigkeiten. Es zeigte sich, dass alle Komponenten zahlenmäßige Anteile an der Gesamthaftkraft haben, wobei die Größenordnung der Komponenten aus Reibung und Verzahnung rechnerisch nicht erfasst werden können. Eine rechnerische Prognose über die zu erwartenden Zugspannungen in einer feuchten Partikelmatrix wie erdfeuchtem Zementleim ist bislang nicht möglich, weil zu wenige exakte Informationen auf der Ebene der Partikelformen und der Oberflächenbeschaffenheiten vorliegen und hierdurch die Haftkräfte über mehrere Größenordnungen hinweg beeinflusst werden.

Daher wurde im Rahmen dieser Arbeit nach einer Möglichkeit gesucht, durch ein geeignetes Prüfverfahren Unterschiede in erdfeuchten Zementleimen dadurch zu ermitteln, dass die Zugkraft der Leime gemessen werden kann, ebenso wie der Weg, der für den Zugbruch aufgebracht werden muss.

Das Verfahren zur Ermittlung des zentrischen Zugkraft-Dehnungsverhaltens (Zugdehnung) wurde in den vergangenen acht Jahren an der Bergischen Universität Wuppertal entwickelt und fortlaufend verbessert. Die durchgeführten Versuche an Zementleimen mit verschiedenen Ausgangsstoffen zeigten, dass Unterschiede der Zugdehnung vorhanden sind und gemessen werden können. Auch Zusammensetzungen, die optisch nicht unterschieden werden können, verhalten sich während der Prüfung erkennbar anders in der Höhe der Zugkraft und/oder in ihrem Dehnungsverhalten. Die Prüfung an erdfeuchtem Beton mit 8 mm Größtkorn ergab ebenfalls erkennbare Unterschiede in den Verläufen der Zugdehnungskurven.

Die Variationen der untersuchten Feststoff Gemische erfolgten unter dem Aspekt, dass die Eignung des Verfahrens bei einer weiten Bandbereite von möglichen Stoffen überprüft werden sollte. Eine weitere, detailliertere Betrachtung der Auswirkungen von z.B. der Zugabemenge bezogen auf den Zementgehalt, ebenso wie die Einbeziehung von Zementen mehrerer Hersteller erfordert einen noch weitaus größeren Probenumfang.

Nachschlagen
Ermittlung der Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische als Grundlage für die Optimierung der Produktion von sofort entschalten Betonwaren

Dissertation von
Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

vorgelegt Solingen Juli 2018

Veröffentlicht als Heft 25 in der Schriftenreihe des
Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Herausgeber
Der Geschäftsführende Direktor
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal

Fachgebiet
Werkstoffe im Bauwesen
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Steffen Anders
Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Wolfram Klingsch
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Organisation und Verwaltung
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal
Pauluskirchstraße 11
42285 Wuppertal
Telefon: (0202) 439-4039

© Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

ISBN 978-3-940795-24-3

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