6.1   Erfahrungen mit dem Prüfverfahren

Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische

Das Prüfverfahren wurde im Laufe der Anwendung bereits immer weiter optimiert, um eine einfache Handhabung und Reinigung zu ermöglichen, ebenso wie eine große Genauigkeit der Ergebnisse sicherzustellen.

Das Prüfverfahren ist in der Stufe 3, die bei den Hauptversuchen angewendet wurde, bereits geeignet, um Unterschiede in erdfeuchten, frischen Zementleimgemischen zu erkennen und die Unterschiede in Zugkraft und Bruchdehnung darzustellen. Hierbei ist es wichtig, dass es sich nicht um ein Prüfverfahren handelt, dass einem Einpunktversuch (nur eine Messgröße, z.B. Ausbreitmaß)- oder Zweipunktversuch (zwei Messgrößen, z.B. Setzfließmaß und Trichterauslaufzeit) entspricht, sondern kontinuierlich Messdaten für die Auswertung herangezogen werden können.

Die Zugkräfte sind insgesamt sehr gering, auch im Verhältnis der Gewichtskräfte der Zementleimproben. Dadurch ist das Verfahren wenig robust gegenüber Fehlern bei der Anwendung, wie z.B. der geringfügig ausmittigen Platzierung der Probe während der Zugprüfung, die sich erst nach erfolgter Trennung der beiden Probekörperteile erkennen lässt, und dem Verkanten der Aufhängeösen, siehe Abbildung 163.

Abbildung 163: links Probe nach dem Bruch mit erkennbarer Exzentrizität der beiden
Hälften, rechts Aufhängevorrichtung mit geringfügiger Verkantung vor dem Lasteintrag

Bei der verwendeten Variante als manuell gesteuerter Wegversuch wurde festgestellt, dass ein motorbetriebener Versuchsstand die Genauigkeit und die Handhabbarkeit deutlich verbessern kann.Durch die Ausführung der Versuche mit einer Sollbruchstelle besteht ferner eine Unsicherheit, weil der mögliche Bruchbereich nur auf 0,5 1,0 mm begrenzt ist, und keine Zone von z.B. 10 mm zur Verfügung steht, innerhalb derer sich eine Bruchzone entlang der schwächsten Partikelbindungen einstellen kann. Dieser Punkt ist bei Partikelgrößen von maximal 80 µm, wie sie in den Hauptversuchen vorlagen, akzeptabel. Auch bis zu einem Größtkorn von 8 mm, das bei den Versuchen an erdfeuchten Betonen eingesetzt wurde, ist das Prüfverfahren und der Versuchsaufbau noch geeignet. Jedoch sollte bei gröber skalierten Gemischen mit 16 mm Größtkorn dieErfordernis eines breiteren Sollbruchbereiches überprüft werden.

Die manuelle Verdichtung mit Hilfe eines Stößels und Hammers ist trotz fehlender, exakter Erfassung der eingetragenen Verdichtungsenergie geeignet, unter der Voraussetzung, dass das Bedienpersonal identisch ist. Es stellt sich während der Verdichtung durch die Zunahme des Widerstandes die Erfahrung dafür ein, wann eine Steigerung des Verdichtungsgrades nicht weiter erreicht werden kann. Die Verdichtungsgrade wurden bei jedem Versuch mit erfasst.

Außerdem ist auch bei einer automatischen Verdichtung der exakte Verdichtungsgrad an der Sollbruchstelle unbekannt, sobald lagenweise verdichtet wird. Die unteren, bereits verdichteten Schichten werden durch die über ihnen folgenden Lagen immer auch eine geringe Nachverdichtung erfahren. Hierbei ist hervorzuheben, dass es wichtiger ist, zügig und immer in annähernd gleicher Zeit das Befüllen und das Verdichten der Probekörper zu beenden, weil die Hydratationsprodukte der ersten Minuten einen großen Einfluss auf den Versuchsverlauf ausüben, wie der Vergleich der drei Zemente mit unterschiedlichen Klinkeranteilen bereits gezeigt hat.

Das Verfahren wurde während der Arbeit fortlaufend weiter verbessert, so dass die Handhabung und auch die Auswertung der Versuche relativ einfach und schnell erfolgen kann. Auch das Reinigen der Probekörper nach Abschluss der einzelnen Versuche trägt zu einer phänomenologischen Einschätzung der Eigenschaften der geprüften Leime bei, weil anhand des Reinigungsaufwandes ein empirischer Zusammenhang zwischen der Reinigungsintensität und der Zug Bruchdehnung besteht. Leime, die ein eher duktiles Zugdehnungsverhalten aufweisen, lassen sich leichter aus den beiden Formhälften entfernen als solche Leime, die ein eher sprödes Verhalten mit hoher Zugkraft aufweisen. Da der Energieaufwand für das Reinigen nicht qualitativ erfasst werden kann, handelt es sich um rein empirische Beobachtungen.

Nachschlagen
Ermittlung der Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische als Grundlage für die Optimierung der Produktion von sofort entschalten Betonwaren

Dissertation von
Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

vorgelegt Solingen Juli 2018

Veröffentlicht als Heft 25 in der Schriftenreihe des
Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Herausgeber
Der Geschäftsführende Direktor
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal

Fachgebiet
Werkstoffe im Bauwesen
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Steffen Anders
Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Wolfram Klingsch
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Organisation und Verwaltung
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal
Pauluskirchstraße 11
42285 Wuppertal
Telefon: (0202) 439-4039

© Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

ISBN 978-3-940795-24-3