Bei allen Herstellverfahren mit sofortiger Entschalung muss der verdichtete Beton nach dem Entfernen der Form bereits eine Festigkeit aufweisen, obwohl die Hydratation noch nicht wirksam geworden ist und chemische Bindungen nicht vorliegen.
Für diese trockenen, erdfeuchten Betone ergibt sich eine andere zeitliche Abfolge bei der Bezeichnung der Reaktionsphasen des Betons. Die Reaktionsphasen für trockenen und für weichen Beton werden in Abbildung 13 gegenübergestellt [49].
Abbildung 13: Definition der Reaktionsphasen des Betons [49]
Ein Beton, in Abbildung 13 als weicher Beton bezeichnet (Anm.: Konsistenzklassen F2 F4), wird unmittelbar nach dem Verdichten bis zum Erreichen des Maximums der Erhärtungsgeschwindigkeit, das dem Wendepunkt des Kurvenverlaufes entspricht, als junger Beton bezeichnet. Bei dem Kurvenverlauf des erdfeuchten Betons, bezeichnet als trockener Beton, ist bereits nach dem Verdichten eine Festigkeit messbar, die bei einem weichen Beton erst nach Abschluss der Erstarrungsphase auftritt. Die Bezeichnung “grüner Beton“ beschreibt bei weichen Konsistenzen in der Regel die Anfangsphase des jungen Betons unmittelbar nach dem Verdichten, während der die Hydratationsreaktion des Zementes zwar bereits begonnen hat, jedoch dadurch noch keine Festigkeit vorhanden ist.
Bei der Verarbeitung erdfeuchter Frischbetone zu Betonwaren hingegen bezeichnet man mit “grünem Beton“ den unmittelbar nach der Verdichtung entformten, standfesten Beton. Die Eigenschaft, die es dem zum fertigen Produkt verdichteten Beton ermöglicht, das Eigengewicht unter Einhaltung der Form und Maße zu tragen, wird als “Grünstandfestigkeit“ bezeichnet. Die minimal erforderliche Grünstandsfestigkeit errechnet sich aus der Frischbetonmasse bezogen auf den Betonquerschnitt. Sie ist bei einem Betonpflasterstein mit 10 cm Höhe geringer als bei einem Betonrohr mit 250 cm Baulänge. Die auf den Beton bezogenen Materialeigenschaft ist die “Gründruckfestigkeit“ [50], [20]. Die bisher umfangreichsten Untersuchungen zur Gründruckfestigkeit wurden in den siebziger Jahren durch Wierig vorgenommen [20] sowie von Bornemann 2005 [22]
Nachfolgend werden die wichtigsten Zusammenhänge und Ergebnisse dieser Arbeiten erläutert.
Die Gründruckfestigkeit des Systems Beton, bestehend aus den Komponenten Festsubstanz, Wasser, Luft sowie möglicher, flüssiger Zusätze wird gemäß Wierig durch drei Komponenten bestimmt:
- echte Kohäsion,
- kapillare Kohäsion,
- Strukturwiderstand (Verzahnung und Reibung) der Feststoffkörper.
Die Begriffe stammen aus der Bodenmechanik und beschreiben die bodenmechanische Kenngröße der Scherfestigkeit von Böden. Dabei wird mit echter Kohäsion das Aneinanderhaften von kleinen Bodenpartikeln bei bindigen Böden wie z.B. Ton und Lehm bezeichnet. Damit sich eine Kohäsion einstellt, muss der Boden einen Anteil von ≥ 5 Gew.-% des Korndurchmessers ≤ 0,006 mm aufweisen.
Ein ähnlicher Effekt wie von der ehten Kohäsion geht von der Kapillarkohäsion aus, die bei nichtbindigen, teilgesättigten Lockergesteinen wie z.B. Sand und Kies auftritt.Sie entsteht durch Kapillarspannungen zwischen Porenwasser und Festsubstanz. Bei Austrocknung oder Sättigung des Bodens ist keine Kapillarkohäsion vorhanden [ ].
Der Strukturwiderstand ist die gegenseitige Verzahnung und Reibung der Bodenteilchen, die bei einer Verschiebung der Teilchen gegeneinander aktiviert wird. Der Anteil der Normalspannung auf eine Bodenprobe kann nur durch den Strukturwiderstand eine Scherfestigkeit auslösen. Der Grad der Reibung wird durch den Reibungsbeiwert μ als Funktion des inneren Winkels der Reibung ausgedrückt.
Alle im weiteren betrachteten Einflussgrößen der Zusammensetzung und der Verarbeitung erdfeuchter Betone wirken sich auf einen oder mehrere dieser beschriebenen Komponenten der Gründruckfestigkeit aus.Der Begriff Gründruckfestigkeit ist in diesem Zusammenhang das Ergebnis eines einaxialen Druckversuches. Die eigentliche Zerstörung eines Prüfkörpers aus grünem Beton erfolgt im einaxialen Druckversuch dadurch, dass die Scherfestigkeit an einer oder mehreren Gleitflächen überschritten wird.In oben erwähnten Untersuchungen [20] wurde eine Reihe von Parametern aus der Betontechnologie im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Gründruckfestigkeit analysiert.
Im einzelnen wurden dabei betrachtet:
a) Wassergehalt
b) Verdichtung (Rüttelzeit)
c) Luftgehalt
d) Feststoffgehalte
e) Zementgehalt, feinheit, oberfläche
f) Gesteinskörnung, Sieblinien
g) Zusätze (Trass, Quarzmehl, Bentonit, Weißkalk, Verflüssiger)
h) Form u. Abmessung d. Prüfkörper, Belastungsgeschwindigkeit
Nachfolgend werden die wichtigsten Erkenntnisse dieser Betrachtungen kurz wiedergegeben und in ihren Auswirkungen auf die Komponenten der Gründruckfestigkeit eingeschätzt.
a) und b) Wassergehalt und Rüttelzeit:
Der Zusammenhang von Wassergehalt und Gründruckfestigkeit bei unterschiedlicher Verdichtung, ausgedrückt durch Rüttelzeit, ist in Abbildung 14 dargestellt.
Abbildung 14: Gründruckfestigkeiten für Betone mit unterschiedlichem Zementgehalt in Abhängigkeit vom Wassergehalt der Betone [20]
Es ist zu erkennen, dass es für jede Rüttelzeit einen dazugehörigen optimalen Wassergehalt gibt, bei dem die höchste Gründruckfestigkeit erreicht wird. Dabei tritt in beiden Bildern das absolute Maximum der Gründruckfestigkeit bei der längsten Rüttelzeit auf. Je höher der Grad der einwirkenden Verdichtungsenergie ist, desto höher ist auch die erreichte Festigkeit.
Rechts der Maxima ist der Abfall der Festigkeit, in allen Fällen deutlich geringer als im Bereich links der Maxima. Unabhängig vom Zementgehalt und der Rüttelzeit ist der Festigkeitsunterschied ab einem Wassergehalt von 120 l/m3 relativ gering.
Als Ursache wird angeführt, dass die Betone mit geringerem als dem optimalen Wassergehalt unzureichend verdichtet wurden und einen erhöhten Luftgehalt aufweisen. Die Erklärung wird darin gesehen, dass der Beton in der ersten Phase der Verdichtung schnell zusammensackt. Es bilden sich dann aber Wabenstrukturen, die vergleichbar der Gewölbewirkung im groben Gesteinskörnungsstoffbereich sind. Die einzelnen Körner überbrücken gewölbeartig Hohlräume, die größer sind als die Körner selbst. Zugleich haften die Teilchen bereits infolge der Kohäsion aneinander. Dadurch setzt der teilverdichtete Beton der weiteren Verdichtung einen relativ großen Widerstand entgegen und Luftporen bleiben in der Matrix eingeschlossen.
Dieser Widerstand nimmt mit steigendem Wassergehalt ab. Ausschlaggebend dafür ist die Filmdicke des Wassers auf den einzelnen Teilchen, die mit zunehmendem Wassergehalt größer wird. Dadurch nimmt die Verschieblichkeit der einzelnen Körner gegeneinander zu und die erforderliche Verdichtungsarbeit wird geringer. Zugleich ist nach der Verdichtung die Gründruckfestigkeit kleiner, da wegen der dickeren Wasserfilmschicht weniger Berührungspunkte der Feststoffkörner vorliegen und die innere Reibung und Scherfestigkeit reduziert werden.
Die bei Wierig verwendeten Rüttelzeiten sind für die verwendeten Probekörper mit 20 cm Höhe insgesamt sehr lang. In der Praxis hängt die Rüttelzeit vom Produkttyp und der Produkthöhe ab, bei Betonpflastersteinen mit einer Höhe von 8 cm liegt die Rüttelzeit bei ca. 3,5 Sekunden, bei 2,50 m langen Betonrohren zwischen 45 und 90 Sekunden. Daher ist die Angabe der Rüttelzeit bei Wierig eine Relativangabe, die sich nicht auf praktische Gegebenheiten beziehen lässt.
Abbildung 15: Entwicklung der Druckspannung Stauchungslinien bei unterschiedlichen
Wassergehalten nach [20], Stauchung in [‰]
Interessant sind auch die Unterschiede beim Stauchungsverhalten in Abhängigkeit vom Wassergehalt. In Abbildung 15 ist zu erkennen, dass es Wassergehalte gibt, bei denen die Bruchstauchung stark zunimmt. Hierbei handelt es sich um Betone mit einem ausgeprägten Verformungsverhalten. Diese werden sich klebriger verhalten, da sie zunächst hohe Verformungen zulassen bis sich ihre maximale Gründruckfestigkeit einstellt. Es steigt die Möglichkeit, dass es zu Anhaftungen an den Formeneinrichtungen kommen kann.
c) und d) Luftgehalt und Feststoffgehalte:
Abbildung 16: Einfluss der Rüttelzeit auf den Luftporengehalt in Abhängigkeit vom Wassergehalt [20]
Die Darstellung der Abbildung 16korrespondiert zu dem rechten Diagramm der Abbildung 14. In Zusammenhang damit ist erkennbar, dass geringe Luftgehalte, die auf einen hohen Verdichtungsgrad hindeuten, nicht gleichzeitig auch eine hohe Gründruckfestigkeit mit sich bringen. So weisen die Wassergehalte ab 120 l/m3in etwa die gleichen Druckfestigkeiten auf wie der Wassergehalt von 90 l/m3, obwohl dabei der Luftgehalt annähernd doppelt so hoch ist. Die in Abbildung 15 erkennbaren hohen Stauchungen bei diesen Wassergehalten deuten darauf hin, dass ein Tausch der druckkraftübertragenden Mechanismen stattfindet. So werden durch Stauchungen die Kraftübertragung durch Verzahnung der Partikel an Bedeutung gewinnen, während die Haftkräfte aus Kohäsion und Flüssigkeitsbrücken, die nur sehr kurze Reichweiten besitzen, sich verringern. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Art der Verdichtung, die Wierig [20] verwendet hat, in der Intensität nicht mit der Rüttelpressverdichtung moderner Fertigungen von z.B. Betonpflastersteinen vergleichbar ist.Daher liegen die Luftgehalte bei diesen Fertigungen auch bei Verdichtungszeiten von 15 Sekunden unter 5 Vol.-%.
e) Zementgehalt, Feinheit, Oberfläche:
Die Auswirkungen des Zementgehaltes sind in Abbildung 17 dargestellt. Sie zeigt die Zusammenhänge der Abbildung 14 in übersichtlicherer Form und bis zu Zementgehalten von 400 kg/m3.
Abbildung 17: Einfluss des Zementgehaltes auf die Gründruckfestigkeit [20] dargestellt als Hüllkurven
Rechts der Maxima nimmt die Gründruckfestigkeit mit wachsendem Zementgehalt um ca.0,5 1 kp/cm2 = 0,05 0,1 N/mm2 je 50 kg Zement zu. Die nach links abfallenden Kurven, d.h. die Bereiche unzureichender Verdichtung sind für die jeweilige Rüttelzeit zusammengefasst dargestellt, da der Einfluss des Zementgehaltes dort vergleichsweise gering ist.Daraus wird die Folgerung abgeleitet, dass mit einer bestimmten Verdichtungsenergie nur eine bestimmte Anzahl von Berührungsstellen der Teilchen für die Aufnahme der Gründruckfestigkeit geschaffen werden können. Die Zahl der möglichen Berührungsstellen, die mit der Zementmenge zunimmt, ist dabei ohne Belang.Diese Folgerung ist noch zu ergänzen, da bei niedrigen Wassergehalten eine Erhöhung des Zementgehaltes einer Reduzierung des Bewegungsverhaltens gleichkommt und eine Umlagerung der Matrix durch einer Erhöhung der Zahl der Berührungspunkte erschwert wird.
Der Zement stellt im Korngemisch des Betons den feinsten Stoff dar und trägt so maßgeblich zur Ausbildung der Kohäsion bei. Erhöht sich der Zementgehalt im Austausch für gröbere Gesteinskörnungsanteile wird dadurch der mittlere Korndurchmesser des Gesamtgemisches reduziert und die kohäsiven Effekte nehmen zu. Diese tragen beim verdichteten Beton zu einer Zunahme der Gründruckfestigkeit bei. Auf der anderen Seite muss die eingesetzte Verdichtungsenergie groß genug sein, um die bereits beim Verdichten vorhandene Kohäsion zu überwinden.
An derAbbildung 18 ist zu erkennen, dass ein feinerer Zement zu einer höheren Gründruckfestigkeit führt. Dieses Verhalten ist in den rechten Kurvenbereichen ab Wassergehalten größer als 120 l/ m3 weniger stark ausgeprägt.
Abbildung 18: Einfluss der Feinheit des Zementes auf die Gründruckfestigkeit [20]
Auch die Erhöhung der Oberfläche des Zementes beeinflusst die Kohäsion und führt zu einem Anstieg der Gründruckfestigkeit.
f) Kornzusammensetzung der Gesteinskörnung:
Der Einfluss der Sieblinie der Gesteinskörnung ist in der nachfolgendenAbbildung 19wiedergegeben.
Abbildung 19: Gründruckfestigkeit bei unterschiedlichen Sieblinien für zwei Rüttelzeiten [20]
Mit einem charakteristischen Maximum und zu beiden Seiten abfallenden Kurvenverläufen ähneln die Kurven den bereits erwähnten Ergebnissen.Mit zunehmender Feinheit der Sieblinie sinkt der Absolutwert des Maximums und es verschiebt sich hin zu höheren Wassergehalten.Es ist auch hier zu erkennen, dass die Gesteinskörnungen in Abhängigkeit der Verdichtungsenergie einen unterschiedlichen Einfluss auf die Gründruckfestigkeit ausüben.Als besonders günstig werden die Sieblinien A15 und A7 beschrieben, die in diesem Vergleich als grobe Sieblinien angesehen werden.
Als Ursache für eine gute Eignung, also eine hohe Gründruckfestigkeit wird darauf verwiesen, dass die einzelnen groben Körner direkten Kontakt miteinander haben und die innere Reibung vergrößern.In umgekehrter Weise wird die Erklärung für die schlechte Festigkeit des Betons aus der Sieblinie C15 herangezogen, in der wenige grobe Körner in einer relativ feinen Matrix schwimmen. Dort ist kein Kontakt der groben Körner untereinander vorhanden und das stetige Gefüge der Matrix ist zerstört. Ein ungünstiges Verhalten der Mischung bei der Verdichtung durch Rütteln konnte ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.
Der Beton mit Splittzusatz weist etwas höhere Gründruckfestigkeiten auf als der Beton mit runden Gesteinskörnungen, da der Strukturwiderstand durch die Reibung der scharfkantigen Splittkörner über dem des runden Materials liegt.
Zu ergänzen ist das Verhalten der Sieblinie C7 bei verschiedenen Rüttelzeiten. Während bei einer Rütteldauer von 30 Sekunden alle Ergebnisse unter 0,2 N/mm2 liegen, steigt die Gründruckfestigkeit bei 180 Sekunden Rütteldauer auf über 0,35 N/mm2 an. Als Ursache hierfür kommt die höhere Kohäsion, bedingt durch die Feinheit der Gesteinskörnung, in Frage. Dadurch ist beim Verdichten ein höherer Energieaufwand erforderlich. Ist der Widerstand beim Verdichten überwunden worden, so dass eine Umlagerung der Bestandteile der Matrix stattfinden konnte, verstärkt die Kohäsion des verdichteten Betons das Ergebnis der Gründruckfestigkeit.
g) Zusatzstoffe und Zusatzmittel:
Als Zusatzstoffe wurden dem Beton Trass, Quarzmehl, Flugasche, Weißkalk, Bentonit sowie ein Verflüssiger als Zusatzmittel beigefügt und die Auswirkung auf die Gründruckfestigkeit untersucht [20]. Bei der Zugabe von Quarzmehl oder Flugasche stellte sich kein nennenswerter Effekt ein. Insbesondere bei der Flugasche wurde eine mögliche Kugellagerwirkung der kugeligen Flugascheteilchen dafür verantwortlich gemacht, dass die innere Reibung zwischen den Körnern verringert wurde und die durch die hohe spezifische Oberfläche zu erwartende Zunahme der Gründruckfestigkeit neutralisierte. Die Zugabe von Traß bewirkte eine Festigkeitssteigerung in gleichem Umfang wie eine Zugabe von Zement; die Zugabe von Bentonit sowie Weißkalk rief gestrecktere Kurvenverläufe mit nicht so deutlich ausgeprägten Maxima hervor.
Bei der Zugabe von Verflüssiger zeigt sich deutlich, dass ein Herabsetzen der Oberflächenspannung des Porenwassers zu einer Abminderung der Gründruckfestigkeit führt. Davon kann sowohl die Höhe der Kapillarkohäsion betroffen sein als auch ein Abbau der, insbesondere bei höheren Wassergehalten, partiell vorhandenen, scheinbaren Kohäsion durch Porenwasserüberdruck.Der Einfluss von Fließmitteln wurde auch im VDZ Tätigkeitsbericht 2005-2007 dargestellt [52].
Abbildung 20: Einfluss von Wasser und Fließmittelgehalt auf Gründruck festigkeit und Packungsdichte bei einem erdfeuchten Beton [52]
Abbildung 20zeigt, dass die Zugabe von Fließmittel zu höheren Gründruckfestigkeiten führt bei deutlich reduzierten Wassergehalten. Die Höhe der Dosierung spielte dabei eine untergeordnete Rolle.
Abbildung 21: Verringerung der Gründruckfestigkeit bei Zugabe von Flugasche [22]
Die Zugabe von Flugasche in Abbildung 21 [22] führte zu einer erheblichen Verringerung der Gründruckfestigkeit, die bei gleichzeitiger Zugabe von Fließmittel noch weiter zurückging. Die Darstellung des Zementes ohne Flugasche ist dabei identisch mit Abbildung 20.
h) Form und Abmessung der Prüfkörper; Belastungsgeschwindigkeit
In den Untersuchungen von Wierig wurde festgestellt, dass die Gründruckfestigkeit mit zunehmender Schlankheit der Probekörper stark abfällt (sieheAbbildung 22). Dieser Zusammenhang wird vom Wassergehalt und der Verdichtungsenergie (hier nicht dargestellt) beeinflusst.So wird der in Abbildung 23dargestellte Unterschied in der Gründruckfestigkeit von Probekörpern mit doppelter und einfacher Höhe mit steigenden Wassergehalten geringer.Es liegt bei der Grünstandsfestigkeit also eine Abhängigkeit von der Gründruckfestigkeit und von der Gestalt und Geometrie des betonierten Körpers vor.Als Ursache für diese Abhängigkeit wurde der sehr kleine E0-Modul angenommen, der die Stabilität des grünen Betons vermutlich in ähnlicher Weise beeinflusst wie die des Festbetons.
Abbildung 22: Einfluss von Form und Abmessung [20]
Abbildung 23:Relative Gründruckfestigkeit von Probe-körpern mit doppelter Höhe bezogen auf die Gründruckfestigkeit von Probekörpern einfacher Höhe [20]
Es kann davon ausgegangen werden, dass die Vorgänge innerhalb der Betonmatrix, die zur Ausbildung der Gründruckfestigkeit führen, durch die Geometrie nicht unmittelbar beeinflusst werden, sondern z.B. durch ein anderes Verdichtungsverhalten mit zunehmender Höhe die Absolutwerte der Gründruckfestigkeit niedriger ausfallen.
Die Belastungsgeschwindigkeit der Probekörper wurde in der Auswirkung auf den grünen Beton ähnlich bewertet wie auf den Festbeton. Mit kleinerer Belastungsgeschwindigkeit wird die Gründruckfestigkeit geringer.Hierfür wurden Wasserbewegungen innerhalb des Betons verantwortlich gemacht. Das Wasser setzt der Belastung bevor es ausweicht einen Anfangswiderstand entgegen, dem es dann allmählich nachgibt.
Wierig [20] führte auch Zugversuche, jedoch in sehr geringer Anzahl durch. Die mit den damaligen Messmitteln zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Ermittlung der vergleichsweise geringen Kräfte waren sehr begrenzt und die Versuchstechnik sehr aufwändig. Dabei stellte er Zugfestigkeiten von im Mittel 0,05 kp/cm2(=0,5 N/cm2) fest.
Bornemann verwendete für seine Arbeiten an erdfeuchten Betonen ein speziell entwickeltes Rüttelproctorgerät.
Abbildung 24: Rüttelproctor zur Erfassung des Verdichtungsverhaltens bei dynamischer
Verdichtung [22]
Insgesamt sind die Packungsdichten, die in den Ergebnissen enthalten (Abbildung 25) sind, mit 79 bis 86 Vol. % als sehr niedrig einzustufen. In diesen Bereichen hat eine Erhöhung der Packungsdichte proportional gesehen größere Auswirkungen als in den Bereichen oberhalb von 90 %, da dort die Verdichtung bereits recht intensiv erfolgt ist.
Abbildung 25: Einflussgrößen auf die Gründruckfestigkeit von erdfeuchten Betonen nach [22]
Die Packungsdichte ist dabei gleichbedeutend mit dem Verdichtungsgrad, ausgedrückt in Volumenprozent. Nach Abbildung 25 wird die Gründruckfestigkeit von der Packungsdichte, dem Zementgehalt und dem Wasser Feinstoffwert beeinflusst.
Abbildung 26: Gründruckfestigkeit, Packungsdichte sowie Wasser Feinstoffwert (als Funktion des Zementgehaltes) nach Bornemann [22]
Der dreidimensionale Zusammenhang findet sich in Abbildung 26 übersichtlicher wieder. Auch ist besser erkennbar, dass der Wasser Feinstoffwert(w/f Wert) nahezu exakt vom Zementgehalt abhängt und in der Untersuchung keine eigenständige Größe darstellt, da lediglich geringe Feinanteile aus der Gesteinskörnung darin enthalten sind und keine Zugaben von Zusatzstoffen. Es zeigt also, dass mit geringer werdendem Wasser Feinstoffwert, d.h. wasserärmeren Mischungen, die Gründruckfestigkeit zunimmt. Diese Zunahme ist größer als die Steigerung aufgrund von höheren Packungsdichten. Auch ist erkennbar, dass der Einfluss der Packungsdichten bei allen Wasser-Feinstoffwerten relativ gleich bleibend ist, die Regressionsgeraden verlaufen nahezu parallel.
Der Einfluss des w/f bzw. w/z Wertes steht im Widerspruch zu den Ergebnissen von Wierig in Abbildung 14. Danach nimmt die Gründruckfestigkeit nicht immer weiter zu, je geringer der w/z Wert ist, sondern verringert sich in Abhängigkeit des Verdichtungsgrades, d.h. der Packungsdichte, ab ca. w/z <0,30 wieder. Da Bornemann keine Versuche mit so geringen w/f Werten durchgeführt hat, ist dieser Umschlagpunkt evtl. dabei nicht erkannt worden.
Hüsken [47] hat in seinen Arbeiten zu erdfeuchten Betonen ebenfalls interessante Erkenntnisse zur Gründruckfestigkeit erhalten. Dabei wurden auch die Wege ermittelt. Er verwendete den Intensive Compaction tester (IC), bei dem durch zyklische Verdichtung zylindrische Probekörper (ca. 15 cm x 15 cm) gewonnen werden, siehe auch Kap. 2.2.2
Abbildung 27: Einfluss des Wassergehaltes auf die Packungsdichte (Verdichtungsgrad) von Quarzmehl und von Flugasche (ohne Zement) nach [47]
Abbildung 28: Spannungs Dehnungslinien der Gründruckfestigkeit für zwei Feinstoffe (ohne Zement) bei unterschiedlichen Wassergehalten (bezeichnet mit Ψm)
a) nur Quarzmehl, b) nur Flugasche [47]
Damit Effekte der sehr frühen chemischen Hydratisierungsreaktion, wie sie bei Zementen unmittelbar nach Wasserzugabe einsetzen, ausgeschlossen werden konnten, wurde ein Quarzmehl einer Flugasche bei jeweils unterschiedlichen Wassergehalten gegenübergestellt. Dabei erreichte die Flugasche wesentlich höhere Verdichtungsgrade als Quarzmehl (Abbildung 27), was der kugeligen Gestalt der Flugaschepartikel zugeschrieben wurde. Diese erleichterte die Verdichtung im Vergleich zu den Quarzmehlpartikeln, die durch den Mahlvorgang kantige und eckige Kubaturen aufwiesen. Die Sieblinie wurde dabei für beide Stoffe annährend gleich gewählt.
Der höhere Verdichtungsgrad führte jedoch nicht zu einer Zunahme der Gründruckfestigkeit. Die in Abbildung 28 enthaltenen Festigkeiten waren bei Quarzmehl trotz geringerer Packungsdichte größer als bei Flugasche. Auch zeigte Quarzmehl ein ausgeprägteres Dehnungsverhalten. Es wurden höhere Dehnungen bis zum Erreichen der Maxima gemessen, sowie ein langsamerer Spannungsabfall danach. Bei Flugasche fielen die Spannungen nach den Maxima überwiegend schnell ab. Die Ursache wurde in dem höheren Anteil an innerer Reibung als kraftübertragender Faktor bei Quarzmehl gesehen. Dabei müssen zunächst Verschiebungen stattfinden, damit es zu einer weiteren Verzahnung der Partikel und damit zu höheren Kraftübertragungen kommt. Der Spannungsanstieg bei Flugasche verläuft steiler, Spannungen werden durch Flüssigkeitsbrücken oder elektrostatische Kräfte übertragen, die bereits bei sehr geringen Verformungen Widerstand entgegensetzen und mit wachsender Entfernung rasch abnehmen.
Weiterhin wurde eine Rezeptur bestehend aus jeweils gleichen Anteilen an Sand 0/2 mm undKies 2/8 mm mit jeweils zwei unterschiedlichen Gehalten an Quarzmehl und an Flugasche miteinander verglichen, siehe Abbildung 29für Quarzmehl und Abbildung 30 für Flugasche. Dabei ist die Gründruckfestigkeit bei Quarzmehl deutlich höher als bei Flugasche, die jeweiligen Dehnungen unterscheiden sich nicht stark.
Abbildung 29: Spannungs Dehnungskurven der Gründruckfestigkeit a) bei 520 kg/m3 Quarzmehl
b) bei 290 kg/m3 Quarzmehl und unterschiedlichen Wassergehalten [47]
Abbildung 30: Spannungs Dehnungskurven der Gründruckfestigkeit a) bei 478 kg/m3Flugasche
b) bei 237 kg/m3Flugasche und unterschiedlichen Wassergehalten [47]
Die Wirkung von superplastifizierenden Fließmitteln (vermutlich PCE, Angaben hierzu wurden nicht gemacht) wurde als vorteilhaft für die zu erreichenden Packungsdichten beschrieben, die durch die Zugabe anstiegen. Dennoch gingen die Gründruckfestigkeiten zurück, was Hüskens auf verringerte Oberflächenspannungen des Wassers aufgrund der Fließmittel zurückführte. Die Höhe der Oberflächenspannung wirkt sich unmittelbar auf die in Flüssigkeitsbrücken übertragenen Kräfte aus.
Abbildung 31: Gründruckfestigkeits Dehnungskurven bei verschiedenen Gehalten an Superplastifizierer (SP) und konstanten Wassergehalten,
a) Quarzmehl mit 12,9 M.-% Wasser, b) Flugasche mit 8,2 M.-% Wasser [47](graue Kurven beziehen sich auf höhere Verdichtungsenergie)
Hierzu ist anzumerken, dass die sogenannten Superplastifizierer im Wirkungsbereich der PCE Fließmittel alle auf Basis langkettiger und verzweigter Makromoleküle wirken. Dadurch vermindern sie nicht die Oberflächenspannung, siehe Tabelle 3.
Tabelle 3: Rohstoffe und Wirkung von Fließmitteln im Vergleich nach Höveling [53]
Bei den Versuchen von Hüsken [47] wurde der Wassergehalt konstant gehalten, trotz Zugabe der Superplastifizierer. Hierbei könnte es versäumt worden sein, den Wassergehalt des Zusatzmittels in Anrechnung zu bringen. Auch ist naheliegend, dass bei verringertem Wassergehalt, wie in Abbildung 20 zu sehen ist, ebenfalls eine Erhöhung der Gründruckfestigkeit zu erwarten ist. Wenn der Wassergehalt bei der Zugabe von Fließmittel reduziert wird um mehr als den Wasseranteil des Fließmittels, dann werden die unbeweglichen Wasserfilme um die Partikel kleiner, dadurch steigt die Zahl der unmittelbaren Partikelkontaktpunkte an und eine Erhöhung der Gründruckfestigkeit wie von Bornemann festgestellt erscheint wahrscheinlicher als eine Verringerung durch eine Beeinflussung der Oberflächenspannung. Ansonsten zeigt Abbildung 31, dass die Unterschiede zwischen Flugasche und Quarzmehl auch bei Zugaben von Superplastifizierer wie in den vorherigen Abbildungen dargestellt, weiterhin bestehen bleiben.