3.2   Herstellung der Leime

Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische

Die Herstellung der Leime erfolgte jeweils unmittelbar vor jedem Zugversuch, d.h. jeder Leim wurde nur für einen Zugversuch verwendet.

Verwendet wurde ein Labor Mörtelmischer Bauform 1.0203 der Firma Testing Bluhmund Feuerherdt GmbH. Die Mischdauer wurde mit zwei Minuten konstant gehalten, die Geschwindigkeit wurde auf Stufe 1 eingestellt und betrug 140 U/min..

Bei den ersten Vorversuchen zeigte sich, dass erdfeuchte Leime mit dem Mörtelmischer im Labor in einer anderen Reihenfolge zubereitet werden müssen als Mörtel oder Leime mit fließfähiger Konsistenz [132]. Üblicherweise wird bei der Betonherstellung in Großmischern sowie bei der Herstellung von Mörteln zu Versuchszwecken das Wasser auf die bereits dosierten Feststoffe (Zement, Sand usw.) zugegeben. Bei erdfeuchten Zementleimen mit sehr wenig Wasseranteil kam es bei w/z Werten unterhalb von 0,23 jedoch zu sichtbaren Agglomeratbildungen von Zementpartikeln, die nicht mit Wasser in Kontakt gekommen waren. Diese Mischung ergab einen nicht prüfbaren, schlecht durchmischten und teilweise mit trockenen Zementteilchen durchsetzten Zementleim.Bei gleicher Mischungszusammensetzung wurde die Reihenfolge der Zugabe geändert. Auf das Wasser in der Mischschüssel wurde langsam und stetig der Zement dosiert. Dadurch entstand ein homogener, erdfeuchter Leim, der gut verdichtet und dessen Zugfestigkeit gemessen werden konnte.

Dieser beobachtete Effekt ist darin begründet, dass so wenig Wasser für erdfeuchte Leime verwendet wird, dass innerhalb des gesamten Partikelhaufwerks bestehend aus Zement und ggf. weiteren Körnern wie z.B. Flugasche usw. kein durchgängiger Sättigungsbereich erreicht werden kann. Es werden also weniger als 80 % der vorhandenen Poren innerhalb des Feststoffhaufwerkes mit Wasser gefüllt [135]. Gerade darauf beruht das optische Erscheinungsbild und auch die Wirkungsweise der Kapillarkräfte zwischen den Feststoffen, für die ein ungesättigter Zustand, bei dem auch noch Luft in der Matrix vorhanden ist, erforderlich ist.

Wird das Wasser auf den Zement dosiert, dann kommt es aufgrund der Hydrophilizität des Zementes unmittelbar zu einer Adhäsion des Wassersdurch nicht kovalente Anziehungskräfte (van der Waals, Wasserstoffbrücken) und die Partikeloberflächen werden benetzt [136]. Dabei bilden sich Agglomerate aus Zement, in denen Wasser in Zwickel und Brückenbereichen einzelner Partikelansammlungen angelagert wird.Dieses Wasser steht nicht mehr zur Verfügung, um sämtliche Partikel der Mischung mit einem durchgehenden Adsorptionsfilm aus Haftflüssigkeit zu umhüllen, so dass innerhalb dieser Mischungen auch trockene Zementpartikel verbleiben.Auch treten Luftinklusionen auf, wie inAbbildung 94dargestellt.

Abbildung 94: Form von Luftinklusion im wassergefüllten Porenbereich zwischen
Feststoffpartikeln aus Ton [58]

Diese Luftinklusionen tragen dazu bei, dass Wasser zwischen zwei benachbarten Luftinklusionen und den Oberflächen der Partikel verbleibt und sich nicht weiter in die noch trockenen Bereiche der Feststoffmatrix hinein verteilen kann.

Wenn der Zement kontinuierlich dem Wasser zugegeben wird, dann werden alle Zementpartikel zuerst mit einem Adsorptionsfilm versehen, bevor es dann zur Ausbildung von gleichmäßig verteilten Flüssigkeitshaftbrücken zwischen den Partikeln kommt.Daher wurden bei allen durchgeführten Versuchen die Feststoffe innerhalb von einer Minute kontinuierlich dem Wasser im Topf des Leimmischers zugegeben.Unter diesen Aspekten ist die Mischreihenfolge, bei der dem trockenen Feststoff sukzessive Wasser zugemischt wird, wie es Bornemann [22] praktiziert hat, kritisch zu sehen.

Abbildung 95 zeigt auf der linken und der rechten Seite Zementleime mit identischer Zusammensetzung, jedoch unterschiedlichen Dosierreihenfolgen. Dabei wurden die Gesamtmischzeit und die Mischergeschwindigkeit konstant gehalten. Unmittelbar nach dem Mischen sind Unterschiede nur schwer zu erkennen, der Leim auf der rechten Seite weist eine geringfügig höhere Anzahl an kugeligen Agglomerationen von Partikeln auf.

Nach jeweils 15 Schlägen mit dem Hägermann-Ausbreittisch weisen die beiden Mörtelkonen erkennbare Unterschiede auf. Der rechte Konus ist deutlich formstabiler geblieben, die Oberfläche ist leicht feucht glänzend, während der linke Konus trockener aussieht und an mehreren Stellen während der Schläge größere Teile abfielen.

Abbildung 95: Zementleime mit CEM I 42,5 R, w/z = 0,21 und gleicher Mischdauer,
unmittelbar nach dem Mischen und nach 15 Schlägen mit dem Hägermann Tisch linke Seite: Mischreiheinfolge Wasser langsam auf Zement, rechte Seite: Mischreihenfolge Zement langsam auf Wasser

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Ermittlung der Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische als Grundlage für die Optimierung der Produktion von sofort entschalten Betonwaren

Dissertation von
Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

vorgelegt Solingen Juli 2018

Veröffentlicht als Heft 25 in der Schriftenreihe des
Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Herausgeber
Der Geschäftsführende Direktor
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal

Fachgebiet
Werkstoffe im Bauwesen
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Steffen Anders
Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Wolfram Klingsch
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Organisation und Verwaltung
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal
Pauluskirchstraße 11
42285 Wuppertal
Telefon: (0202) 439-4039

© Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

ISBN 978-3-940795-24-3

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