4.2.4   Leime aus unterschiedlichen Zementen und jeweils einem Zusatzstoff

Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische

In den folgenden Versuchen wurden die in Kap. 4.2.3 verwendeten Zemente jeweils mit einem Zusatzstoff in variierenden Massenanteilen von Zementgewicht und Wasser gemischt.

Von den dabei verwendeten Zusatzstoffen ist Flugasche der bislang mit Abstand am häufigsten bei der Herstellung von erdfeuchten Betonteilen in der Praxis verwendete. Metakaolin wird vereinzelt, Mikrosilika sowie Siliziumcarbid gar nicht eingesetzt.Der k Wert Ansatz aus DIN EN 206 1 für den äquivalenten Wasserzementwert als Kenngröße der Festbetondruckfestigkeit und der Dauerhaftigkeit wird hierbei nicht verwendet, weil es in dieser Arbeit ausschließlich um das Verhalten der Summe aller Feststoffpartikel mit Wasser in Bezug auf die Zugfestigkeit und das Dehnverhalten in frischen Leimzustand geht. Daher ist der hier verwendete Wasser Feststoffwert (w/f) bezogen auf das gravimetrische Verhältnis aller verwendeten Stoffe ohne Abminderungsfaktoren.

In Abbildung 129 zeigen die drei Kurven mit CEM I 42,5 R mit 15 M. % Flugasche deutliche Unterschiede in Abhängigkeit des w/f Wertes.

Bei w/f = 0,19 ist die Wasserfilmdicke so gering, dass zu wenig kapillare Kräfte in Flüssigkeitsbrücken aktiviert werden. Die Leimmischung ist zu trocken. Das Gegenteil ist bei dem Leim mit w/f = 0,23 der Fall. Die Zugkraft nimmt nur langsam zu, und die Maximalkraft wird erst bei großer Dehnung von 2,70 mm erreicht und nimmt anschließend langsam ab. Dieser Leim ist zu feucht, er gleitet an dem Schalkörper entlang ohne einen deutlichen Abriss in der Matrix.

Abbildung 129: Zugdehnungen von Zement CEM I 42,5 R mit Flugasche

Das Maximum der Zugkraft liegt bei w/f = 0,21, für eine Dosierung von 5 M. % Flugasche, ebenso wie für 15 M. % Flugasche. Beide Kurven verlaufen mit ausgeprägtem Abriss bei kurzer Dehnung und hoher Zugkraft.

Im direkten Vergleich zu den Ergebnissen aus Abbildung 125 (CEM I) der w/f Werte 0,21 sind hier die Maximalkräfte deutlich geringer und treten bereits bei geringeren Wegen auf als beim reinen CEM I. Die kugeligen Flugaschepartikel mit ihren glatten Oberflächen werden die rein mechanischen Widerstände innerhalb der Feststoffmatrix reduzieren. Ebenso sorgen sie mit ihren Oberflächen ohne primäre Reaktionsprodukte für eine Erhöhung der Anzahl an steifen Partikelkontakten im Sinne der Erläuterungen aus Kap. 2.4.2 zu Haftkräften und Verformungen. Hierfür spricht, dass die grüne Kurve (15 M. % Flugasche) einen noch steileren Anstieg aufweist, d.h. eine noch geringere Aktivierung von Haftkräften durch Distanzvergrößerung der Partikeloberflächen voneinander.

In Abbildung 130 sind die Versuchskurven der Zemente CEM II/A LL 42,5 R und CEM III/A 42,5 R jeweils mit 5 M. % Flugasche dargestellt.

Abbildung 130: Zugdehnungen von CEM II/A LL 42,5 und CEM III/A 42,5 Rmit Flugasche

Drei Kurven weisen auch nach Überschreiten der maximalen Zugkraft noch sehr lange Wege aufweisen, bevor die Kraft vollständig zurückgeht (gekennzeichnet mit 1 3)

Der Verlauf des Versuches mit w/f = 0,19 und CEM III/A 42,5 R mit Flugasche weist mit seiner sehr geringen Zugkraft und dem schnellen Abfall auf eine sehr trockene Leimmischung hin. Im Vergleich der beiden Zemente jeweils ohne Flugasche, wie er in der Abbildung 126 und Abbildung 127 enthalten ist, sind die Zugkräfte etwas höher (ca. 2 6 N/mm2) bei geringfügig größeren Wegen.

Abbildung 131: Zugdehnungen von CEM I 42,5 R mit Metakaolin

Die Kurven der Abbildung 131 zeigen jeweils drei Versuche mit ähnlichem Verhalten, bei zwei unterschiedlichen Ausprägungen. Die erste Gruppe weist ein Maximum bei geringen Wegen auf, die Verläufe steigen stark an und fallen ebenso stark wieder ab. Hierzu zählen der w/f Wert mit 0,21 bei 5 % und bei 15 % Metakaolinzugabe sowie der w/f Wert 0,23 bei 15 M. % Metakaolin, dessen Maximum mit 17,8 N/mm2 am höchsten ausfällt (Versuche 1, 2, 4).

In der zweiten Gruppe liegen die Maxima im Mittel höher, und das Duktilitätsverhalten ist stark ausgeprägt. Darin sind der w/f Wert von 0,25 mit jeweils 5 M. % und 15 M.% Metakaolin, und w/f Wert mit 0,23 und 5 M. % Metakaolin (Versuche 3, 5, 6).

Das in Abbildung 120 erkennbare Metakaolin weist stark zerklüftete, kantige und unsymmetrische Kornformen auf. Kleinere Partikel wirken schichtig, mit Linien und Furchen durchzogen. Somit wird die Oberfläche eines gleich großen Partikels bei Metakaolin deutlich höher sein als bei Flugasche, ebenso wie im Vergleich mit den Partikeln der drei verwendeten Zemente ohne Wasserzugabe und Reaktionsprodukte.

Insgesamt sind die prüfbaren w/f Werte mit Metakaolin im Bereich von 0,21 0,25 und damit erkennbar höher als bei den vorher geschilderten Versuchen.Wird Metakaolin bei Leimen mit CEM II/A LL oder mit CEM III kombiniert, wie in Abbildung 132 dargestellt, unterscheidet sich das Dehnverhalten erkennbar. Die Anstiege verlaufen steiler, die Maxima der Zugkraft werden bei geringeren Wegen erreicht, und auch bei geringeren w/f Werten.

Abbildung 132: CEM II und CEM III jeweils mit Metakaolin

w/f Werte mit 0,25 konnten nicht geprüft werden, da sie zu verformbar waren und während der Prüfung aus der Form herausglitten. Wie bereits bei den Versuchen mit den einzelnen Zementen beschrieben, ist der unmittelbare Reaktionssaum der hier verwendeten Zemente geringer als bei CEM I. Daher wird weniger Wasser benötigt, um als umgebende Adsoptionsschicht die gesamte Oberfläche der Partikel zu umhüllen.

Im Vergleich der beiden CEM II/A LL Kurven ist erkennbar, dass der w/f Wert von 0,23 bereits ein deutlich geringeres Maximum der Zugkraft aufweist als bei w/f = 0,21. Somit ist der w/f Wert von 0,23 bereits als zu feucht anzusehen, obwohl die Verdichtungsgrade nahezu gleich sind.

Abbildung 133 enthält die Ergebnisse von Mischungen aus CEM I und Mikrosilika, Abbildung 134 die Ergebnisse mit CEM II, CEM III und Mikrosilika. Obwohl Mikrosilika sehr kleine Partikel im Vergleich zur Flugasche aufweist, erhöht sich die Oberfläche im Pulver bzw. im Leim nur gering. Auch die prüfbaren w/f Werte liegen mit 0,21 0,25 in dem bereits bekannten Bereich.

Abbildung 133: CEM I mit Mikrosilika

Bei w/f = 0,21 reagieren die Mischungen mit 5 M. % und 15 M. % Mikrosilika spröde mit hohen Zugkraftmaxima bei kurzen Wegen und sofortigem Abfallen. Demgegenüber führen die w/f Werte von 0,23 und 0,25 bereits zu Gleiterscheinungen und keiner bzw. sehr geringer Zugkraft.

Abbildung 134: CEM II und CEM III mit Mikrosilika

Der Zusatzstoff Siliziumcarbid (SiC) ist sehr scharfkantig bis splittrig geformt und dabei plattig-länglich, mit glatten Oberflächen. Bei der Zugabe von Siliziumcarbid weisen die Leime unter Zugbeanspruchung generell höhere Wege bis zum Maximum auf, und auch der Kraftabfall danach erfolgt bei hohen Dehnungen, siehe Abbildung 135 und Abbildung 136. Lediglich die Kombination von CEM III mit SiC bei w/f = 0,21 (grüne Linie) führt zu einem ausgeprägten Maximum bei extrem kurzen Dehnungen.

Abbildung 135: CEM I und Siliziumcarbid

Abbildung 136: CEM II und CEM III mit Siliziumcarbid

Nachschlagen
Ermittlung der Grünzugfestigkeit erdfeuchter Zementleimgemische als Grundlage für die Optimierung der Produktion von sofort entschalten Betonwaren

Dissertation von
Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

vorgelegt Solingen Juli 2018

Veröffentlicht als Heft 25 in der Schriftenreihe des
Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Herausgeber
Der Geschäftsführende Direktor
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal

Fachgebiet
Werkstoffe im Bauwesen
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Steffen Anders
Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Wolfram Klingsch
Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen
Bergische Universität Wuppertal

Organisation und Verwaltung
Institut für Konstruktiven Ingenieurbau
Bergische Universität Wuppertal
Pauluskirchstraße 11
42285 Wuppertal
Telefon: (0202) 439-4039

© Dr.-Ing. Stefan Zwolinski

ISBN 978-3-940795-24-3

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